Evangelisches Bildungswerk München e.V.

Buch des Monats Dezember 2016: Social Rating

Thriller über selbstfahrende Autos und gechippte Menschen

rezensiert von Felix Leibrock

Der Traum von selbstfahrenden Autos ist aktuell. Als Vielfahrer habe ich mir bisher gewünscht, dass die bald kommen. Aber auch noch nach der Lektüre dieses Buches? Christiane Landgraf lässt ihren Thriller bis ins Jahr 2032 hineinreichen. Es geht um bedrohliche Entwicklungen. Solche, die einem den kalten Schweiß ausbrechen lassen. Selbstfahrende Autos sind bald selbstverständlich. Was aber, wenn ein Rentner auf die Fahrbahn stolpert und das programmierte Auto die Entscheidung treffen muss, über den Rentner hinwegzufahren oder in Richtung einer Menschengruppe zu steuern, mit ungewissem Ausgang? Ethische Entscheidungen programmieren, geht das? Und wer darf diese Programme schreiben? Spielen wir uns nicht zu Gott auf, wenn wir entscheiden, welches Leben wertvoller ist? Die CIA maßt sich dieses Recht an, noch schlimmer: Sie installiert auch gechippte Menschen, deren „Wert“ (social rating) auf einem subkutanen Chip im Oberarm fixiert ist. Eine Frau, die eine schwere Krebsdiagnose erfährt, sackt im Wert runter und zieht beim nächsten Verkehrsunfall den Kürzeren, da, na klar, der Chip dem Auto die Nachricht meldet, dass dieses Leben ohnehin keine große Perspektive mehr hat. Makaber? Es geht noch weiter. Die CIA arbeitet an einem Programm, das gezielt Unfälle auf der Straße herbeiführt, um so die minder wertvollen Menschen auszulöschen. Puh! Nur Science Fiction? Oder reale Vision? CIA, der amerikanische Geheimdienst steht hier stellvertretend für global agierende Behörden und Konzerne. Wenn dort die ethischen Leitplanken fehlen und nur das eigene Interesse dominiert, wenn Empathie und Erbarmen zu fremden Wörtern verkommen, sind Szenarien wie die in Christiane Landgrafs Roman Tür und Tor geöffnet.

In einem geschickten Bogen, mit nur wenig Personal, entwickelt die Autorin die Handlung von der Gegenwart bis ins Jahr 2032. Die Gespräche enthalten oft lange Monologe, in denen sich die unterschiedlichen Sichtweisen der technischen Möglichkeiten entfalten. Im Zentrum steht ein hochbegabter Software-Entwickler, der mit Methoden psychologischer Kriegsführung zum willfährigen Instrument der CIA wird. Er und seine Familie wachsen einem ans Herz – und wie das Ehepaar und seine Kinder zum Spielball einer unsichtbaren Macht werden, das geht unter die Haut. Ganz nebenbei spielen Sex und Liebe und die Frage nach erfüllter oder abhängiger Partnerschaft in die Handlung hinein. Manchmal bleibt man atemlos, so zieht einen das Geschehen um den Software-Entwickler Jeff Rodgers in den Bann. Selten habe ich einen so guten Erstlingsroman gelesen.

_Christiane Landgraf: Social Rating. Thriller über selbstfahrende Autos und gechippte Menschen, Bedburg,
_Verlag 3.0 Zsolt Majsai, 2016
_ISBN-Print: 978-3-95667-293-4 Softcover 13,50€
_ISBN-eBook: 978-3-95667-294-1 0,99€

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