Evangelisches Bildungswerk München e.V.

Die Rolle des Zufalls

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Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes, wenn er nicht unterschreiben will. (Anatole France)

Gibt es Zufälle? Während religiöse Menschen gern an das Wirken Gottes glauben und Zufälle ablehnen, ist der Zufall in den Naturwissenschaften ein reale Größe.

In ihren Eingangsstatements beschreiben beide erst einmal grundsätzlich, wie Zufall zu verstehen ist.
Rabbiner Fabian fragt dabei nach der Absicht, die hinter einem zufälligen Ereignis steht, Professor Steineck nach den Ursachen. Der Buddhismus sieht jedes Ereignis als Folge der früheren Handlungen eines Menschen, auch aus einer früheren Existenzform. Einen „Zufall“ im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Daniel Fabian dagegen sieht in einem zufälligen – also nicht zu erklärendem – Ereignis eine Art Kommunikation Gottes mit dem Menschen. Gott lenkt damit die Aufmerksamkeit des Menschen auf einen Punkt, über den er nachdenken soll.
Beide Referenten sehen Ereignisse, die wir als Zufall empfinden, als Aufgabe: Nach den Ausführungen von Raji Steineck vermeidet diese Sichtweise Zorn und Aggression; der betroffene Mensch soll seine Konzentration darauf richten, sein Karma zu verbessern, sich also moralisch „gut“ zu verhalten.


Rabbiner Daniel Fabian
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Raji Steineck
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Link zum Mitschnitt auf Youtube

In der anschließenden Diskussion werden folgende Aspekte vertieft:
Ist es nicht unbarmherzig, Menschen, die „zufällig“ von einer Naturkatastrophe betroffen sind, dafür selber verantwortlich zu machen – im Sinn von Karma?
In diesem Zusammenhang ist es nicht wichtig, wodurch das Leid veranlasst wurde, sondern es ist wichtig, Leidenden zu helfen.
Ähnlich das jüdische Konzept „Mazal“: Aus den Umständen, in die ein Mensch hinein geboren wird, soll er das Beste machen.

Nimmt Gott Einfluss auf die Ereignisse? Wenn ja, immer?
Ist es hilfreich, wenn wir uns erklären können, warum etwas geschehen ist?
Die Freiheit des Menschen besteht auch darin, sich auf die Erklärung zu konzentrieren, die am besten hilft, mit einer Situation gut umzugehen.

Was ist Erlösung?
Im christlichen Glauben liegt Erlösung darin, das in Christus Schuld vergeben wird und die Erlösung allen Menschen offensteht; entscheidend sind Glaube und Gottes Gnade.
Gemeinsam in Judentum und Buddhismus: die Vervollkommnung des Menschen hängt von ihm selbst ab. Entscheidend ist das richtige Handeln.
Der Anspruch nach moralischem und friedfertigem Verhalten besteht in allen Religionen.
(Zusammenfassung von Dagmar Knecht)

Daniel Fabian war vor seinem Studium zum Rabbiner Naturwissenschaftler und kennt beide Perspektiven. Er fragt: „Kann es aus der Sicht des Judentums in einer durch Gott geführten Welt Raum für Zufälle geben? Handelt es sich dabei lediglich um eine Illusion? Und wenn es den Zufall gibt, welche Bedeutung könnte er haben?“

Raji Steineck beleuchtet das Prinzip Karma aus Sicht der östlichen Religionen: „Für die Lehre Buddhas gibt es keinen Zufall; denn der Buddha durchschaut das karma, die Gründe, aus denen Menschen in Leid verstrickt sind. Die gewöhnlichen Menschen können ihm das aber nur glauben. Was nützt das Wissen, dass der „Zufall“ seinen Grund hat, wenn man die Gründe nicht kennt?“

Veranstalter sind
Dagmar Knecht, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Heilig-Geist und „Miteinander leben in Moosach“, München;
Eva Haller, Europäische Janusz Korczak Akademie e.V.
Abdel-Hakim Ourgi, Leiter des Fachbereichs islam. Theologie an der Päd. Hochschule Freiburg,
Monika Bunk, Verein „Gemeinsam“, Marburg;
Maike Telkamp, Koordinationsstelle Flüchtlingsarbeit im Evang.-lutherischen Dekanat München und das
Evang. Bildungswerk München e.V.

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